„Wir haben für unsere Kinder den ersten Schuh entwickelt“
Als Anna und Ran Yona von Israel nach Deutschland zogen, waren ihre beruflichen Chancen überschaubar. Wenige Jahre später führen sie gemeinsam das Unternehmen Wildling mit fast 100 Mitarbeitern. Warum sie als junge Eltern den Mut zum Gründen hatten und wieso sie sich für eine innovative Unternehmensstruktur entschieden haben, verrät Anna im Interview.
Was macht Wildling?
Wir machen Schuhe, mit denen man immer und überall wie barfuß laufen kann.
Wie seid ihr auf die Idee gekommen?
In Israel sind unsere Kinder barfuß aufgewachsen. Als wir nach Deutschland gezogen sind, brauchten sie feste Schuhe. Es gab aber keine, in denen sie sich richtig bewegen konnten und die Füße nicht weh taten. Also haben wir für unsere Kinder den ersten Schuh entwickelt. Inzwischen sind wir eine Marke für die ganze Familie geworden.
Was war für euch das größte Hindernis?
Für uns war zunächst die Produktentwicklung schwierig. Wir hatten beide keine Ahnung davon, wie man Schuhe macht. Das war aber auch eine Chance, weil wir einen frischen Blick hatten. Eine weitere Herausforderung war, dass Wildling stärker gewachsen ist, als wir erwartet hatten. Plötzlich war ich Chefin eines Teams und hatte Verantwortung für meine Mitarbeiter.
Wie seid ihr damit umgegangen?
Sehr intuitiv. Ich kannte konventionelles Arbeiten gar nicht. Auch für Wildling habe ich im Homeoffice gearbeitet, um auch bei der Familie zu sein. Als die Arbeit zu viel wurde, haben wir zuerst Familie und Freunde angestellt, dann Freunde von Freunden – alle haben im ganzen Land verteilt von zu Hause gearbeitet. Als wir etwa 20 Leute waren, haben wir begonnen, die Unternehmenskultur bewusst zu gestalten. Geblieben ist das Homeoffice. Aber alle sechs Wochen treffen wir uns im Oberbergischen. Das stärkt das Team-Gefühl. Wir möchten wenig Hierarchien, haben ein transparentes Gehaltskonzept. Außerdem bieten wir flexible Arbeitszeiten und auch Management-Positionen in Teilzeit.
Das klingt sehr innovativ…
Wir probieren viel aus und gucken, was funktioniert und was man verbessern müsste. Die Resonanz ist super. Obwohl wir inzwischen 90 Leute sind, ist das Gefühl immer noch sehr familiär.
Ihr habt als junge Eltern gegründet. Woher habt ihr den Mut genommen?
Es waren auch die äußeren Umstände. Unsere beruflichen Chancen waren mau. Ich hatte ein Stillkind, Ran hat kein Deutsch gesprochen. Außerdem haben uns viele Jobs einfach nicht interessiert. In Israel hatten wir bereits Erfahrung als Gründer eines Unternehmens gesammelt. Wir wussten also, dass wir viel beschäftigt sein würden – aber gleichzeitig auch flexibler. Wenn man Zeit braucht, weil die Kinder ins Schwimmbad wollen, arbeitet man halt am Abend nochmal.
Wie hat NUK euch weitergeholfen?
Bei NUK haben wir eine super Grundlage erhalten. Am Ende sind wir mit viel Input und einem sehr runden Produkt rausgegangen. Außerdem haben wir über NUK unseren Mentor Sven Oliver-Pink gefunden.
Was möchtest du anderen Gründern mit auf den Weg geben?
Ihr solltet euer Alleinstellungsmerkmal schärfen und ein echtes Problem lösen. Das ist das einzige Geheimnis einer funktionierenden Idee. Außerdem ist der Fokus wichtig. Es gibt so viele Möglichkeiten, aber dadurch entsteht auch die Gefahr, dass man sich verzettelt. Und zuletzt: einfach machen statt die Dinge tot zu denken. Danach sieht man viel besser, was funktioniert und woran man noch etwas ändern muss.