10. Januar 2014

„Ein gutes Produkt ist das Allerwichtigste“

Gerade einmal vier Jahre ist es her, dass ergobag beim NUK-Businessplan-Wettbewerb mitgemacht hat. Inzwischen ist aus dem innovativen Start-up ein junges Unternehmen geworden, das sich am Markt für Schultaschen behauptet hat und immer noch vor Ideen strotzt. Im Interview erzählt uns das Team von seinem Weg. 

Foto ergobag

Sven-Oliver Pink und Florian Michajlezko von ergobag


 

Was verbirgt sich hinter ergobag?

Die Idee ist eigentlich ganz einfach: Schulkinder müssen viel mit sich herumtragen – Bücher, Mäppchen, Hefte, Pausenbrote und vieles mehr. Dabei sind die Kinder mit sechs Jahren oft noch sehr klein und schmal. Hier wollten wir ansetzen. Wir haben angefangen zu recherchieren und gesehen, dass es weder im In- noch im Ausland etwas gibt, was die Kinder entlastet. In Deutschland kannte man den festen Ranzen, in anderen Ländern weiche Rucksäcke. Also haben wir eine neue Produktkategorie entwickelt – den Schulrucksack. Ergobag kombiniert das Ergonomiekonzept von innovativen Wanderrucksäcken mit all dem, was eine gute Schultasche leisten muss. Ein Großteil des Gewichts wird von den Schultern auf die Hüften verlagert – hier ist der Körper stabiler und kann das Gewicht besser tragen.

Wie seid ihr darauf gekommen?

Wir wollten und selbstständig machen und haben ganz strategisch nach einer Idee gesucht. Das hat sicherlich zwei, drei Jahre gedauert. Irgendwann sind wir über dieses Thema gestolpert, das uns sofort überzeugt hat. Wir wollten dann nicht länger reden, sondern Fakten schaffen. 2009 stand unsere Gründungsabsicht. Im Juni waren wir das erste mal in China und haben einen Lieferanten besucht. Wir haben uns vor Ort die Ergebnisse erster Probeexemplare angeguckt, die blind für uns hergestellt wurden. Gemeinsam haben wir das Produkt fertig gestellt.

Und dann seid ihr gleich an den Markt gegangen?

Ja. Wir verkaufen ein saisonales Produkt, die Hauptverkaufszeit geht von Februar bis April. Wir hatten keine Zeit für Umfragen oder sonstiges. Wir haben einfach die beste Schultasche gemacht, die wir leisten konnten – ohne jede Erfahrung. Natürlich haben wir dabei auch noch Fehler gemacht. Wir haben 4.200 Sets bestellt – also den Rucksack mit Mäppchen und Turnbeutel – und 1.800 einzelne Rucksäcke. In unserer ersten Saison haben wir dann alle Sets verkauft, aber kaum einen einzelnen Rucksack. Wir hatten einfach keine Ahnung, dass sowas nicht gefragt ist.

War der schnelle Markteintritt eine gute Entscheidung?

Der war sogar einer unserer Erfolgsfaktoren. Wir sind mit dem Produkt zu Händlern gegangen und auf Schulranzenpartys. Dort haben wir ein schnelles Feedback bekommen, das uns bei der Weiterentwicklung unseres Produkts enorm geholfen hat.

Die Leute haben uns die Anfängerfehler verziehen. Gleichzeitig haben wir eine extrem steile Lernkurve gehabt. Bei unseren heutigen Rucksäcken sind bestimmt 100 wirklich innovative Dinge integriert, die wir nur durch das Feedback der Kunden entwickeln konnten.

Wie konntet ihr das finanzieren?

Die Kreissparkasse Köln war verrückt genug, an die vier Typen zu glauben, die Schultaschen machen wollten. Wir haben Startgeld aufgenommen und zum Teil eigenes Kapital reingesteckt – jeder von uns hat 60.000 Euro eingebracht, sodass wir 240.000 Euro zusammen hatten. Wir waren in dem Moment auch selbstbewusst genug zu glauben, dass das klappt. Als wir dann 200.000 Euro nach Asien überwiesen haben, war das aber doch ganz schön aufregend.

Woher kam der Wunsch, selbst ein Unternehmen gründen zu wollen?

Wir haben vermutlich alle irgendwo ein Unternehmergen in uns. Außerdem wollten wir zusammen an einem Projekt arbeiten. Es ist viel schöner, sein eigenes Ding zu machen, statt in einem großen Konzern zu arbeiten. Mittlerweile arbeiten Teile von unseren Familien und Freunden im Unternehmen. Das ist super. Wir wollten was aufbauen – es ging nie um einen Exit.

Ist in der Gründungszeit auch mal etwas schief gegangen?

In der Anfangszeit hatten wir jeden Tag unglaubliche Erfolgserlebnisse aber auch unglaubliche Nackenschläge. Wir haben oft gedacht: „Jetzt ist alles aus“. Natürlich haben wir auch Anfängerfehler gemacht. Aber daraus haben wir gelernt. Wir haben auch keine nachhaltig falschen Entscheidungen getroffen – etwa einen Investor ins Boot zu holen, der uns zu Dingen zwingt, die wir nicht wollen. Im Nachhinein betrachtet kann man eigentlich sagen, dass wir nichts hätten besser machen können. Es ist unglaublich perfekt gelaufen. Wir waren aber auch von Anfang an überzeugt, dass das verdammt erfolgreich wird.

Ihr seid zu viert gestartet, jetzt arbeiten bei ergobag 55 Menschen. Wie hat sich das entwickelt?

Am Anfang haben wir alles selbst gemacht. In der Woche waren wir bei Händlern – am Wochenende haben wir dann die Produkte fertig gemacht, die wir bis dahin verkauft hatten. Wir haben sogar die ersten 4.000  Mäppchen mit 80.000 Stiften befüllt. Im ersten Jahr war das sicherlich auch gut so. Im zweiten Jahr hätten wir eigentlich mehr Leute einstellen müssen. Das wäre dann zwar erstmal eine Investition gewesen, aber dann hätten wir im dritten Jahr nicht solche Wachstumsschmerzen gehabt. Das ist aber natürlich oft die spannende Frage – wie weit macht man alles selbst und wann ist er Punkt gekommen, an dem man Leute einstellt.

Was erwartet ihr von der Zukunft?

Eigentlich geht es jetzt erst richtig los. Wir haben den Transformationsprozess vom Start-up zum jungen Unternehmen vollzogen. Wir haben Erfahrung, ein Netzwerk und Fachhändler, sind profitabel und gut finanziert. Wir haben alles, was man braucht, um ein Unternehmen aufzubauen – und wir haben ganz viele Ideen für neue Produkt. Wir wollen unserem Konzept treu bleiben; unsere Produkte sollen immer einen besonderen Nutzen bringen.

Warum ist euch das so wichtig?

Wer eine Firma aufbauen will, braucht eine starke Marke. Ein gutes Produkt ist das Allerwichtigste. Wenn das überzeugt, ist es einfach, Marketing dafür zu machen und den Vertrieb zu organisieren. Mit einem schlechten Produkt kann man vielleicht ein halbes Jahr täuschen – aber das funktioniert nicht lang.

Was habt ihr vom NUK-Businessplan-Wettbewerb mitgenommen?

Wir haben hier gelernt, unser Produkt zu verkaufen. Immer wieder mussten wir erklären, was wir eigentlich machen – das hat uns geschult. Das NUK-Handbuch hat uns geholfen, die richtigen Fragen zu stellen. Und natürlich haben uns auch die Gutachten weiter gebracht. Auch wenn man nicht jede Kritik darin annehmen muss – sie helfen, sich zu reiben und die Idee weiterzuentwickeln. Am Ende ist ein Businessplan entstanden, der nicht nur die Kreissparkasse Köln überzeugt hat, sondern auch Jürgen Hambrecht von BASF.

Was könnt ihr Gründern mit auf den Weg geben?

Bei uns gibt es drei wichtige Erfolgsfaktoren. Das ist zum einen die Kommunikation. Während viele erstmal gar nicht über ihre Idee reden wollen, haben wir allen vom Schulrucksack erzählt. Irgendwie hat ein Designer von Jack Wolfskin davon erfahren. Er rief an, weil er bei uns arbeiten wollte. Dann ist das Team wichtig. Keiner von uns hätte das alleine gekonnt. Im Team verteilen sich die unterschiedlichen Fähigkeiten. Schlussendlich war die Fokussierung wichtig. Wir haben uns komplett auf die Gründung konzentriert und haben nichts nebenbei gemacht. Man macht es oder man macht es nicht.


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