4. Mai 2017

„Lernen, als würde man mit dem Feuerwehrschlauch inhalieren“

Ohne einen besonderen Sinn für modische Themen hat Roland Schweins vor zehn Jahren die Lifestyle-Seite styleranking gegründet. Der Unternehmer hatte damals ein Exit vor Augen. Warum er heute immer noch Geschäftsführer des Unternehmens ist, verrät er im Interview.

Was macht styleranking?

Wir sind ein im Segment Lifestyle positionierter Anbieter im Bereich Social Media. Wir bauen auf drei Erlössäulen auf: Das ist zum einen unser Portal, welches wir über Banner und Editorials vermarkten. Dann organisieren wir Deutschlands größte Lifestyle-Blogger-Veranstaltungen – von Modebloggertreffen bis hin zu Beautyblogger- und Elterncafés. Oder wir organisieren für Kunden zugeschnittene Treffen. Daraus hat sich in den letzten Jahren unser drittes Angebot herausgebildet: Wir vermitteln Influencer auf Projektbasis. Wer Social Media Markenbotschafter benötigt kann sich an uns wenden.

„Vor zehn Jahren haben viele noch geglaubt, dass niemand Kleidung online kaufen würde.“

Wie seid Ihr auf die Idee gekommen?

Um mich herum haben viele Menschen gegründet, ich habe auch Konzepte bewertet. Das Thema hat mich gereizt und ich wollte selbst etwas gründen. Mit Kollegen in der Kneipe habe ich überlegt, welches Thema im Netz noch nicht besetzt ist. Auto-, Jobseiten und Kleinanzeigen gab es schon. E-Commerce wollten wir nicht. So sind wir auf „Mode“ gekommen. Vor zehn Jahren haben viele noch geglaubt, dass niemand Kleidung online kaufen würde. Neckermann, Quelle und Otto haben auf aufwändige Kataloge gesetzt, aber völlig antiquierte Webseiten betrieben. Instyle hatte damals keine redaktionelle Internetseite. Während eines Vertriebsgesprächs bei S.Oliver wurde uns gesagt, dass das Internet unseriös sei. Aber wir haben in dem Thema Potential gesehen.

Klingt ein wenig nach Gründung am Reißbrett… Ist das von Vorteil?

Wir sind die Gründung sehr strategisch angegangen. Während andere, die allein aus Leidenschaft für ein Produkt gegründet haben, noch keine guten Unterlagen oder Präsentationen hatten, haben wir schon Studien verfasst und Round Tables organisiert. Wir haben früh zu Hintergrundgesprächen eingeladen und Kunden besucht. Im Vertrieb waren wir dadurch immer stark.

Siehst Du auch Nachteile?

Ich glaube Gründer sind besser aufgestellt, wenn sie mit Herzblut für ihre Erfindung kämpfen. Ich hatte damals den Exit vor Augen. Dass ich immer noch da bin, liegt daran, dass ich über die Jahre eine Leidenschaft für Mode entwickelt habe. Außerdem habe ich inzwischen Mitarbeiter, die über so einen hohen Geschmacks- und Stylefaktor verfügen, dass ich als Geschäftsführer gar nicht mehr negativ auffalle.

Den Schritt ins Unternehmertum hast Du nie bereut?

Wenn es mal schlecht läuft, frage ich mich manchmal, wie mein Weg wohl verlaufen wäre, wenn ich beim Handelsblatt geblieben wäre. Viele schimpfen ja auf ihre früheren Unternehmen. Das ist bei mir nicht so. Bis heute hab ich guten Kontakt zu dem Haus. Als Unternehmer habe ich natürlich mehr Freiheiten, Prozesse gehen schneller. Dafür fehlen im Startup häufiger die Ressourcen. Aber ich bin heute sehr glücklich und gehe jeden Morgen beschwingt und flötend zur Arbeit. Wenn ich aus dem Urlaub wiederkomme, freue ich mich, dass ich wieder arbeiten darf.

Du erzählst, dass ihr die Gründung strategisch angegangen seid – ist es am Ende genauso eingetreten, wie es auf dem Papier geplant war?

Wir hatten am Anfang die Idee, eine Online-Community aufzubauen, die wir weltweit betreiben und vermarkten wollten. Damit hatten wir keinen Erfolg. Heute haben wir ein Online-Portal, das wir redaktionell betreiben. Es hat aber auch ein paar Community-Funktionen. Zwei Jahre nach unserer Gründung gab es ein Portal, das unsere ursprüngliche Idee zum Erfolg gebracht hat. Die hatten sehr viel mehr Geld und einen viel höheren Design-Anspruch als wir. Im Nachhinein sehe ich, welche strategischen Fehler wir gemacht haben. Vielleicht waren wir aber auch zu früh. Wir haben dann unsere Idee an die Realität angepasst.

Glaubst Du, dass man als Gründer immer flexibel sein muss?

Es gibt ja viele BWL-Weisheiten, die herumgeistern. Gründer bekommen wahlweise gesagt, sie müssten flexibel oder aber beharrlich und ausdauernd sein. Ich tue mich schwer damit, anderen pauschale Weisheiten mit auf den Weg zu geben. Das hängt immer vom Einzelfall ab. Das ist ja auch das schöne am Gründen.

Was genau?

Als Gründer lernt man, als würde man mit dem Feuerwehrschlauch inhalieren. Das gilt für mich bis zum heutigen Tag. Man wird zum Allrounder – vom Markenaufbau, über die Vermarktung bis hin zu den ganzen betriebswirtschaftlichen Disziplinen lernt man alles kennen.

Worin lagen für Dich die besondere Herausforderung?

Personalführung ist sicherlich ein spannendes, aber auch herausforderndes Thema. Ein gutes Team zu bilden ist das eine. Aber es geht auch um Zukunftsperspektiven. Da werden die Ansprüche über die Jahre schnell größer. Wenn man Fluktuation vermeiden möchte, sollte man das im Blick haben. Uns war immer wichtig, dass das Verhältnis zwischen Arbeit und Privatleben bei den Mitarbeitern stimmt. Wir haben nie ausgebeutet. Das ist sicherlich auch ein Grund, warum wir wenig Wechsel haben. Selbst zu denjenigen, die gegangen sind, haben wir immer noch ein gutes Verhältnis.

Heute sind Modeblogs und -communities allgegenwärtig. Das war vor zehn Jahren anders. Hattet Ihr Probleme, Eure Idee zu finanzieren?

Das hat extrem gut geklappt. Wir hatten zwei Finanzierungsmöglichkeiten zur Auswahl. An beide sind wir über NUK gekommen.

Also hast Du gute Erinnerungen an die Gründerinitiative?

NUK ist eine super Sache, die ich jedem empfehle, der einen Businessplan schreibt. Die Akademie diszipliniert dranzubleiben. Bis heute habe ich Kontakt zum Netzwerk. In besonderer Erinnerung habe ich allerdings eine Jurysitzung, in der wir styleranking vorgestellt haben. Eine Professorin aus Köln hat uns völlig eingeschüchtert. Unsere Idee, dass Community-Mitglieder Bilder von Outfits hochladen können, fand sie unseriös. Sie fürchtete, das könnte junge Mädchen dazu verführen, sich anzubieten und Nacktbilder hochzuladen. Das gab innerhalb der Jury eine große Diskussion. Trotzdem hatten wir danach Angst und haben mit Anwälten unseren Datenschutz überarbeitet. Das war zu früh. Solange man in der Gründung ist, sollte man Hausaufgaben machen und nicht über Gefahren nachdenken. Das haben wir gelernt.

Ein wichtiger Rat. Gibt es noch mehr Tipps, die Du Gründerinnen und Gründer mit auf den Weg geben kannst?

Als Gründer kann man nicht genug über seine Idee sprechen. Fast jeder gibt einem gutes und kritisches Feedback oder stellt wertvolle Fragen. So kann man Fehler vermeiden. Ich kann auch jedem nur raten, im Erfahrungsaustausch mit anderen Unternehmen zu stehen. Statt allein an einem Problem zu tüfteln, kann man es mit anderen teilen und bekommt es so viel schneller gelöst. Ganz wichtig ist aber auch, dass man seinen eigenen Weg geht und nicht auf andere hört, weil die damit Erfolg hatten. Warum sollte ich anfangen, Larry Page zu spielen, wenn das gar nicht zu meinem Lebensentwurf passt?


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