24. November 2014

„Das größte Geschenk am Unternehmersein ist die Unabhängigkeit“

Als Angestellte in einem großen Konzern sei sie immer „verhaltensauffällig“ gewesen, davon ist Kathrin Möntenich überzeugt. Als Unternehmerin und Gründerin der Firma pick-a-pea muss sie nicht länger Entscheidungen akzeptieren, die am Kunden vorbeigehen, sondern kann Dinge selbst entscheiden und bestimmen. 

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Kathrin Möntenich hat ihren Traum vom Bio-Fastfood verwirklicht.

 

Was macht pick-a-pea

Die ursprüngliche Idee war ganz einfach: Bio-Fastfood. Ich wollte zeigen, dass man auch abseits der großen Ketten schnell gute Qualität zu akzeptablen Preisen anbieten kann. In meinem Laden – erst im Rheincenter und dann in der Lindenstraße – habe ich das verwirklicht.

Wie bist du auf die Idee gekommen? 

Ich war als Regionsleiterin in einem großen Unternehmen angestellt und beruflich viel unterwegs. Egal ob am Flughafen, am Bahnhof oder auf der Straße – überall musste mal viel Geld für schlechtes Essen ausgeben. Das hat mich frustriert.

Wie hast du deine Gründung finanziert? 

So wie fast alle mit 100 Prozent Eigenmitteln: 30 Prozent Barmitteln und dem Rest aus Darlehen. Um die hat sich die Kreissparkasse gekümmert. Das hat Dank NUK sehr gut funktioniert, denn man kannte sich von dort bereits.

Gerade bist du in einer Umbruchphase. Was ist passiert? 

Ich hab die Bio-Fastfood-Idee erst einmal geparkt und konzentriere mich jetzt ausschließlich auf den Geschäftsbereich, der aktuell extrem stark von Kunden nachgefragt wird: Wir produzieren frische Biolebensmittel für den Handel.

Wie ist es dazu gekommen? 

Im Hochsommer, als die Stadt wie leergefegt war und kein Laden in der Straße wirklich Kundschaft hatte, habe ich einen Weinhändler beobachtet. Als einziger hat er emsig Flaschen ein- und ausgeladen. Da verstand ich: „Wenn der Kunde nicht zum Produkt kommt, muss das Produkt zum Kunden kommen.“ Zur selben Zeit ist ein Kunde von mir umgezogen. Er fragte nach einer Möglichkeit, mein Essen auch in Nippes kaufen zu können. Beides habe ich als Zeichen gedeutet. Seit zwei Jahren produzieren wir Suppen für den Lebensmittelhandel. Seit diesem Herbst schlägt es richtig durch.

Kam der Erfolg im Handel überraschend? 

Nein. Wir haben vor einem Jahr mit der Vorbereitung begonnen. Wir führten einen kompletten Relaunch der Marke pick-a-pea durch, ließen von einer Agentur (übrigens auch NUK-Teilnehmer) ein neues Logo und professionelle Verpackungsetiketten entwickeln und setzten zum 1. November einen komplett neuen Internet-Auftritt auf.

Der Lebensmittelhandel war neu für pick-a-pea. Wie bist du an das notwendige Wissen gekommen? 

Wir haben viel in unserer Küche experimentiert. Irgendwann passte es und die Proben wurden ins Labor geschickt. So groß ist der Unterschied zwischen Handel und Gastronomie am Ende gar nicht. Es geht um Produktqualität und den Umgang mit dem Kunden. Das gilt im Übrigen für fast jede Branche.

Was waren für dich die größten Herausforderungen als Unternehmerin? 

Als Gründer steht man permanent vor neuen Herausforderungen. Anfangs habe ich viel Energie in die Idee gesteckt, ein Bio-Fastfood-Franchise zu entwickeln. Dann gab es Probleme mit dem ersten Ladenlokal. Zuletzt ist ausgerechnet der Mitarbeiter langfristig krank geworden, der ab September als Betriebsleiter den Gastronomie-Bereich führen sollte. In solchen Momenten guckt man in ein großes schwarzes Loch und ist unglaublich frustriert.

Wie geht man mit so einer Situation um?

Als Unternehmerin hat man nicht die Zeit, den Kopf in den Sand zu stecken, sondern muss schnell Entscheidungen treffen – auch wenn das wie im letzten Fall bedeutet, dass wir entschieden haben, die Gastronomie-Idee zu parken und den Laden zu schließen. Ich habe eine sehr hohe Frustrationstoleranz. Die braucht jeder Gründer, sonst wird’s schwer. Außerdem hab ich das große Glück, im Hintergrund zwei Geschäftspartner zu haben, die immer da sind, wenn ich sie brauche. Gerade bei schwierigen Entscheidungen ist es gut, nicht alleine zu sein.

Würdest du aus heutiger Sicht etwas anderes machen? 

1000 Sachen. Mein größter Fehler am Anfang war sicherlich, nicht klein genug  zu denken. Ich kam aus einer hohen Position und war es gewohnt, die Dinge groß zu denken und zu planen. Heute rate ich jedem Gründer möglichst klein zu starten und dann zu wachsen. Außerdem war ich anfangs so naiv zu glauben, dass die Leute auch das tun, was sie dir versprechen. Das tun sie aber nicht – unter Umständen nicht einmal, wenn  Sie einen Vertrag mit dir haben.

Hast du jetzt schon wieder neue Ziele im Blick?

An erster Stelle steht derzeit die Akquise neuer Handelspartner. Der nächste Schritt ist dann, das Sortiment breiter aufzustellen, mehr Gerichte anzubieten. Meine Salate müssen in den Handel, die Dressings. Im Augenblick werde ich ständig gefragt, wo man unsere Currysauce kaufen kann. Da überlegen wir, die Sauce eventuell in Flaschen abzufüllen und in den Handel zu bringen.

Was bedeutet es für dich, Unternehmerin zu sein? 

Das größte Geschenk ist die unternehmerische Freiheit. Ich kann eigenverantwortlich entscheiden in welche Richtung mein Unternehmen gehen soll. Ich habe niemanden vorgesetzt, der aus internen Gründen Entscheidungen fällt, die schlimmstenfalls am Kunden vorbeigehen. Genau solche Situationen waren in meinen vorherigen Anstellungen mein Frust. Außerdem war immer darauf zu achten, wer gerade an deinem Stuhl sägt. Je höher man kam, umso schlimmer wurde das. Das ist Energieverschwendung. Heute kann ich mich voll auf mein Unternehmen konzentrieren und auf das, was meine Geschäftspartner und ich für richtig halten.

Hast du unternehmerische Vorbilder? 

Ich bewundere jeden, der die Ärmel hochkrempelt und etwas unternimmt. Ich wünsche mir allerdings, dass das noch mehr Frauen tun. Hier möchte ich gerne Vorbild sein und andere Frauen motivieren, selbstbewusster zu sein.

Warum glaubst du, dass so wenige Frauen gründen?

Oft haben Frauen eigene Lebensvorstellungen. Damit meine ich nicht nur die Familie. Viele haben einfach auch gar keine Lust, sich die immer noch männlich dominierten Geschäftsriten anzutun. Dazu kommt noch die Sache mit dem Selbstvertrauen. Männer sind oft mutiger.

Hinzu kommt noch etwas anderes: Es ist bei uns gesellschaftlich nicht verankert, dass Frauen Visionen aussprechen. Außerdem fehlen Rahmenbedingungen. Natürlich kann man leichter gründen, wenn die Kinder bis 18 Uhr im Kindergarten oder in der Schule versorgt sind.

Du hast 2008 beim NUK-Businessplan-Wettbewerb mitgemacht. Wie hast du vor, während und nach der Gründung von NUK profitiert? 

Ich habe viel Wissen mitnehmen können. Nach jedem Coaching hatte ich das Gefühl, etwas dazugelernt zu haben und wieder einen Schritt weiter zu sein. Wenn es Menschen gibt, die einem zum Erkenntnisgewinn verhelfen – und das auch noch kostenlos – ist das phantastisch. Außerdem hatte ich Glück mit der Gruppe in meinem Jahr. Wir haben uns nicht nur gut verstanden, sondern uns auch stark miteinander vernetzt. Wir hatten unterschiedliche Gründungsideen, haben uns aber gegenseitig geholfen. Jeder hat etwas von seinem Erfahrungsschatz abgegeben, mit Feedback, Tipps und Kontakten geholfen.

Heute nutze ich den NUK-Alumni-Club, um mein Netzwerk zu erweitern, aber auch, um anderen Gründern Hilfestellung zu geben.

Was kannst du den neuen Teilnehmern des NUK-Businessplan-Wettbewerbs mit auf den Weg geben? 

Im Wettbewerb rate ich jedem, nicht feige zu sein und alle Fragen zu stellen: Quetscht die Coaches aus! Das heißt natürlich, dass man die Angebote von NUK unbedingt nutzen sollte. Später kann ich jedem nur raten, vor allem auf die eigenen Fähigkeiten zu vertrauen. Alles, was andere darüber hinaus tun, ist ein Geschenk. Verlassen sollte man sich nur auf sich selbst.

Gibt es Eigenschaften, die ein Gründer haben sollte? 

Er muss extrem gut mit Rückschlägen umgehen können. Gründer brauchen ein gutes Selbstbewusstsein und dürfen nicht zu oft mit sich hadern, schließlich müssen viele wichtige Entscheidungen getroffen werden. Außerdem müssen sie vielseitig sein – in einem Konzern kann man Hilfe anfordern, Gründer müssen zunächst alles selbst erarbeiten. Das heißt auch, dass man bereit sein muss, seine Komfort-Zone zu verlassen und hin und wieder über die eigene Schmerzgrenze zu gehen.


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