„Gründer müssen für Veränderungen offen sein“
Die Gründer von Bomedus haben ein innovatives Elektrotherapieverfahren entwickelt, das Schmerzpatienten zu Gute kommt. Im Interview erzählt Dr. Tobias Weigl, was die Besonderheiten einer Gründung im medizintechnischen Bereich sind und warum er schon immer Unternehmer sein wollte.
Was macht Bomedus?
Wir haben ein innovatives Elektrotherapieverfahren entwickelt, das die Behandlung von Schmerzen verbessert. Zum Hintergrund: Bei Patienten mit chronischen Schmerzen entsteht über die Zeit ein Schmerzgedächtnis – sie reagieren überempfindlich. Hier setzt unsere Entwicklung an: Mithilfe von Elektroden, können wir dieser Übersensibilität entgegenwirken. Als erstes Produkt haben wir ein Rückenband auf den Markt gebracht, demnächst folgen ein Nackenband sowie eine spezielle Neuentwicklung für Patienten mit Amputationen. Zudem begleiten wir die Kunden während der Behandlung und stehen mit ihnen im telefonischen Kontakt.
Wann ist die Idee entstanden?
Die hatten wir bereits an der Universität. Zuerst hatten wir auf Grundlage der Technik einen Venenstauer geplant – unser Ziel war die schmerzfreie Blutentnahme. Aber der Ansatz war wirtschaftlich nicht sinnvoll. So sind wir auf den großen Markt der Schmerzpatienten gekommen.
Wie wichtig war es, dass das Gründerteam schon früh interdisziplinär aufgestellt war?
Uns hat das sehr geholfen. Gerade, wenn man aus dem medizinischen Bereich kommt und viel im Labor arbeitet, versteht man nicht unbedingt, wie der Markt tickt. Dafür jemanden zu haben, ist viel wert.
Was ist das Besondere an einer Gründung im medizinischen Bereich?
Die Haupthürde sind neben den Patenten die klinischen Studien, die sehr teuer sind und viel Zeit kosten. Wir waren glücklicherweise gut vernetzt, das hat vieles erleichtert. Unsere Idee haben wir am Life Science Inkubator weiterentwickelt, die Studien hat das Universitätsklinikum Bonn durchgeführt. Insgesamt war der Weg zur Marktreife länger, als wir dachten. An vielen Stellen waren wir von externen Entscheidungen abhängig. Allein die Prüfung zur Zulassung dauerte fast ein Jahr. Die Marktplatzierung hat Zeit gekostet. Als wir unser erstes Produkt eingeführt haben, hatten wir ja noch keine Ahnung, wie das geht. Diese Wartezeiten waren teilweise frustrierend; trotzdem hatten wir unser Ziel vor Augen.
Gab es noch mehr Herausforderungen?
Auf jeden Fall gehörte auch die Finanzierung dazu. Für die Entwicklung des Produkts und die Studien brauchten wir promovierte Naturwissenschaftler – das konnten wir finanziell nicht alleine stemmen. Wir stecken jetzt gerade in der zweiten Finanzierungsrunde, da geht es um mehr als zwei Millionen Euro.
Woher hatten Sie das Geld für die Gründung?
Wir haben ein EXIST-Stipendium bekommen, Kapital vom High-Tech Gründerfonds und nicht zuletzt auch eigene Mittel verwendet. Aber gerade in der Zeit, in der man nicht viel Geld hat, ist ein gutes Netzwerk das Wichtigste.
Fiel Ihnen der Wechsel von der Forschung in den freien Markt schwer?
Das war von Anfang an mein Ziel. Ich mag die Vielseitigkeit, die das Leben als Unternehmer mit sich bringt. Als Festangestellter ist man ja meistens für einen kleinen Bereich verantwortlich; mit der Gründung kamen zur fachlichen Arbeit viele andere Aufgaben. Wir mussten Leute einstellen, ein Marketingkonzept schaffen und vieles mehr. Das finde ich sehr spannend. Außerdem übernehme ich gerne Verantwortung. Es macht einen Riesenunterschied, ob man seine eigenen zehn Mitarbeiter hat oder im Unternehmen für 100 zuständig ist. Da ist man am Ende nicht dafür verantwortlich, dass die ihr Geld für sich und die Familie bekommen.
Haben Sie unternehmerische Vorbilder?
Jeder etablierte Mittelständler ist für mich eines.
Was sind Ihre nächsten Ziele?
Wir wollen ein breiteres Produktportfolio anbieten. Ab April ist unser Stumpfband im Handel erhältlich. Das ist für Patienten mit einem amputierten Arm oder Bein vorgesehen – diese Patienten leiden häufig unter schrecklichen Stumpf- bzw. Phantomschmerzen. Dann wollen wir eine ganze Bandfamilie entwickeln – ähnlich wie das Rückenband ist als nächstes ein Nackenband geplant. Das ist ein wichtiger Meilenstein. Unternehmen werden auf dem Markt anders wahrgenommen, wenn sie nicht nur ein Produkt, sondern mehrere verkaufen.
Wir wollen außerdem nicht nur im Bereich Therapie tätig sein, sondern auch in der Diagnostik. Dazu arbeiten wir gerade an weiteren Studien, Prototypen sind bereits vorhanden. Insbesondere im Bereich der Diagnostik von neuropathischen Schmerzen möchten wir einen wesentlichen Beitrag zur verbesserten Früherkennung leisten.
Die Teilnehmer des NUK-Businessplan-Wettbewerbs haben das gleiche Ziel wie Sie: ein Unternehmen gründen. Was können Sie ihnen mit auf den Weg geben?
Jeder sollte an seine Idee glauben und sich nicht davon abbringen lassen. Das heißt nicht, dass man stur geradeaus gehen sollte. Gründer müssen für Veränderungen offen sein.